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Leiter der Freiwilligen-Agentur

Olaf Ebert

Wie sind Sie zu ihrem Beruf gekommen?

Ich habe mich als Studierender (1993-1998) wissenschaftlich mit dem Thema Strukturwandel des Ehrenamtes beschäftigt. Zusammen mit anderen Studierenden und Lehrenden haben wir uns Experten von außerhalb eingeladen und uns im Rahmen von öffentlichen Diskussionsveranstaltungen mit der Frage auseinandergesetzt „Was kann man zur Förderung ehrenamtlichen Engagements auch praktisch tun?“ Da hatten wir z. B. Vertreter von Freiwilligen-Agenturen, die damals schon existierten. Am Ende dieses Diskussionsprozesses stand dann die Gründung des Vereins Freiwilligen-Agentur Halle Saalkreis e.V., den ich mit begründet habe. Seit 1999 leite ich die Freiwilligen-Agentur, die sich seit dem gut entwickelt hat, kontinuierlich gewachsen ist und bundesweit hohe Anerkennung genießt.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei ihnen aus?

Es gibt eigentlich keinen klassischen Arbeitstag. Heute bin ich 7:30 Uhr ins Büro gekommen, habe notwendige Überweisungen getätigt, ein paar Finanzierungsfragen für unsere vielfältigen Projekte geklärt, führe jetzt das Interview mit ihnen, fahre danach mit einem Kollegen nach Magdeburg, wo ich erst eine Sitzung mit einem Kooperationspartner habe und dann eine Sitzung mit der Integrationsbeauftragten der Landesregierung, bei der es um Projekte und Aktivitäten im nächsten Jahr geht. Dann habe ich eine Jury-Sitzung, bei der es um die Auswahl von Projekten der interkulturellen Arbeit an Schulen geht. Um 18 Uhr habe ich dann noch eine Begleitausschusssitzung zum lokalen Aktionsplan für Halle und dann endet mein Arbeitstag so etwa 19 Uhr. Der Tag morgen sieht wieder ganz anders aus.

Was finden Sie gut an ihrem Beruf und wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Gut finde ich die Vielfältigkeit meiner Arbeit und damit auch die Gestaltungsmöglichkeiten, die ich habe, wie Gestaltungen von Projekten und gesellschaftlicher Veränderung, letzten Endes auf allen Ebenen.

Welche Zusatzqualifikationen erachten Sie als unerlässlich für Erziehungswissenschaftler?

Ich kann das nur für mich beantworten und muss da für meinen beruflichen Werdegang sagen, dass da viel „learning by doing“ passiert ist. Als wir damals noch mit 1 ½ Stellen angefangen haben, mussten wir alles selbst machen, von der Beratungsarbeit für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, über Vereins- und Organisationsberatung bis hin zu Abrechnungs- und Verwaltungsaufgaben, wo eine Zusatzqualifikation in den einzelnen Arbeitsbereichen sehr hilfreich gewesen wäre, aber die hatte ich nicht und die hat auch das Studium nicht vermittelt. Vielleicht gab es solche Angebote damals auch und ich habe sie nur nicht gesehen, weil ich damals noch nicht wissen konnte, dass ich mal Leiter der Freiwilligen-Agentur werden würde.

Wäre es hinderlich, wenn sich jemand mit einem Abschluss 90/90 bei ihnen bewerben würde?

Was ist ein Abschluss 90/90?

Das ist wie der Magisterstudiengang früher. Man studiert zwei Fächer in Kombination.

Hinderlich wäre das in jedem Fall nicht. Wir haben ohnehin viele Mitarbeiter mit ganz unterschiedlichen Berufsqualifikationen. Da zählt auch nicht in erster Linie, ob das ein erziehungswissenschaftlicher oder soziologischer Abschluss ist. Wir haben ein vielfältiges Tätigkeitsspektrum und da kommt es eher auf die Praxiserfahrungen an.

Ist es auch egal, ob man Bachelor oder Master hat?

Das ist sicher nicht egal, aber wir haben, wie gesagt, unterschiedliche Tätigkeitsprofile und da kommt es auf das Anforderungsprofil an und wie gut ein Bewerber dazu passt.

Worauf legen Sie bei Bewerbungen besonders wert?

Auf die Haltungen, die die Bewerber haben, wenn sie sich auf eine unserer sehr speziellen Ausschreibungen bewerben und erst im nächsten Schritt kommen dann Dinge wie Wissen, Know-how, Erfahrungen praktischer Art, soziale Kompetenzen und eigenes Engagement.

Was glauben Sie, wohin sich die Branche in den nächsten 10-15 Jahren entwickeln wird?

Wenn ich das enge Feld der Freiwilligen-Agenturen betrachte, dann denke ich, ist das ein sich professionalisierender Arbeitsbereich, der noch relativ jung und sehr heterogen ist und sich noch in der Entwicklung befindet. Es ist auch ein Bereich, der mehr Professionalität im Management braucht und sicherlich auch mehr Stabilität, in der häufig prekären Finanzierung. Aber das ist auf jeden Fall ein sich entwickelnder Arbeitsbereich und so kann man das sicherlich für große Teile der Sozialwirtschaft insgesamt prognostizieren, auch wenn man sich die Herausforderungen des demografischen Wandels vor Augen führt und damit verbundener, auch veränderter Angebote für ältere Menschen, zur Teilhabe älterer Menschen, die auch länger in ihren eigenen Wänden leben und damit gepflegt, aber auch aktiv begleitet werden wollen. Dann gibt es da auch viele professionelle Dienste und Entwicklungen, die ein wichtiges Berufsfeld für Erziehungswissenschaftler darstellen.

Wie gut ist ihr Job mit einem Familienleben vereinbar?

Das hängt immer davon ab wie man da persönlich herangeht und wie man selber versucht, das hinzubekommen. Es gibt sicherlich einfachere, überschaubarere, weniger komplexe Tätigkeiten, die besser mit einem Familienleben vereinbar sind, aber ich versuche mir Zeit für meine Familie zu nehmen, auch mal tagsüber, aber ich habe kein geregelten Arbeitszeiten und da leidet sicherlich die Familie auch mal drunter.

Stellen Sie demnächst Leute ein?

Wir stellen demnächst sicherlich wieder Leute ein, weil wir eine sehr flexible und sich verändernde Organisation sind, wo Projekte kommen und gehen und damit auch Mitarbeiter. Wir haben unser Stammpersonal, welches schon sehr lange bei uns tätig ist. Wir haben aber auch Mitarbeiter, die erst seit einem Jahr dabei sind und manche nutzen die Zeit bei uns auch als Sprungbrett oder Entwicklungszeit. Auch aufgrund von Eltern- und Familienzeiten haben wir gelegentlich personelle Veränderungen und werden in diesem Jahr sicherlich noch mal jemanden einstellen.

Stellen Sie Bewerber auch fest ein oder nur auf Honorarbasis?

Sowohl als auch. Wir haben Honorarmitarbeiter, die zum Teil kontinuierlich für uns arbeiten, meistens aber auch punktuell für bestimmte Aufgaben wie Moderationen oder Evaluationen, Coaching, Begleitung und Ähnliches. Wir stellen auch fest ein, dann aber häufig zunächst befristet, weil die meisten unserer Projekte erstmal zeitlich befristet sind, sich meistens aber nach einem Projekt auch gleich das nächste anschließt. Über die zunächst befristete Tätigkeit können sich beide Seiten erstmal kennenlernen und wenn das passt, haben auch Berufseinsteiger eine längerfristige Perspektive bei uns, sofern sie das dann auch wollen. Sicherlich sind die Arbeitsbedingungen hier nicht wie in einem klassischen Unternehmen, Verwaltung oder Wohlfahrtsverband. Hier sind auch Idealismus, Engagement und Gestaltungswille gefragt und viele machen da auch Abstriche, was geregelte Arbeitszeiten, Vergütung und Stabilität anbelangt. Wir sind im Vergleich zu Wohlfahrtsverbänden eben ein kleiner Verein, verfügen nicht über institutionelle Förderungen und stabile  Arbeitsbedingungen.

Sehe ich es richtig, dass man bei ihnen befristet für ein bestimmtes Projekt angestellt ist und wenn dieses ausläuft, immer die Frage ist, ob sich dann ein anderes Projekt anschließt?

Genau. Das war jetzt sozusagen noch mal die Zusammenfassung und wie gesagt – manche Projekte existieren inzwischen auch schon mehr als 10 Jahre.

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